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RWI Konjunkturberichte

Sommer 2024: Weiterhin kein konjunktureller Aufschwung in Sicht

Die deutsche Wirtschaft stagniert seit Ende des Jahres 2022. Die Erwartung, dass mit dem Auslaufen des Energiepreisschocks aus jenem Sommer eine Erholung einsetzt, hat sich bisher nicht erfüllt. Dabei haben sich einige Rahmenbedingungen inzwischen spürbar verbessert. Die Inflation hat deutlich nachgelassen, die real verfügbaren Einkommen steigen inzwischen kräftig und die EZB hat die Zinsen ein erstes Mal gesenkt und weitere Senkungen in Aussicht gestellt. Dennoch hat die gesamtwirtschaftliche Nachfrage bisher keinen Schwung entfaltet. Nach der Ausweitung der Produktion im ersten Quartal ergab sich ein erneuter Rücksetzer. Dazu trug bei, dass die Exporte wenig Dynamik aufweisen. Das Expansionstempo bleibt derzeit hinter dem des Welthandels zurück. Die deutschen Unternehmen verlieren dadurch Weltmarktanteile. Dies dürfte auch ein Grund dafür sein, dass sich die deutschen Unternehmen mit Investitionen zurückhalten. Allerdings lässt sich der kräftige Rückgang der Investitionsnachfrage im zweiten Quartal nicht allein damit erklären. Vielmehr dürften binnenwirtschaftliche Faktoren ebenfalls eine erhebliche Rolle spielen. Dazu zählen die Nachwirkungen des starken Anstiegs der Unsicherheit zu Beginn dieses Jahres. Die Unternehmen warten nach wie vor auf zielführende Weichenstellungen, die geeignet sind, die angestrebten Transformationsziele, insbesondere beim Energiesystem, mit dem Ziel der Bereitstellung eines attraktiven Wirtschaftsstandorts zu versöhnen. Da diese Belastungen fortbestehen dürfte das BIP auch in der zweiten Jahreshälfte weitgehend stagnieren. Erst ab dem kommenden Jahr ist damit zu rechnen, dass die Exporte wieder etwas an Schwung gewinnen. Dies dürfte dann auch die Nachfrage nach Ausrüstungsinvestitionen etwas beleben. Die Belebung der Binnenwirtschaft wird wesentlich von der privaten Konsumnachfrage bestimmt. Die weiterhin steigen-den Realeinkommen dürften nach und nach zu einer steigenden Konsumnachfrage führen. Für den Jahresdurchschnitt 2024 ist zu erwarten, dass das BIP um 0,1% ausgeweitet wird. Im Jahr 2025 wird das BIP wohl um 0,9% und im Jahr 2026 um 1,4% steigen. Trotz der erheblichen Konjunkturschwäche zeigt sich der Arbeitsmarkt recht robust. Zwar ist die Arbeitslosigkeit gestiegen, gleichzeitig legte aber auch die Erwerbstätigkeit zu. Im Verlauf des kommenden Jahres wird die Erwerbstätigkeit wohl ihren Zenit erreichen. Arbeitslosenquote dürfte von 6,0% (2024) über 5,9% (2025) auf 5,7% (2026) sinken. Die Teuerungsrate hat sich seit der Prognose im Juni stärker als erwartet abgeschwächt und lag im August voraussichtlich bei 1,9%. Für die Jahre 2025 und 2026 ist mit einer Inflation von 2% zu rechnen. Das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit dürfte im laufenden Jahr auf gut 89 Mrd. Euro zurückgehen. Die Einnahmen des Staates steigen kräftig. Ausgabenseitig wiegt der Rückgang der Subventionen wegen des Wegfalls der „Preisbremsen“ am stärksten. Im Jahr 2025 dürfte das Finanzierungsdefizit auf 68 und 2026 auf 62 Mrd. Euro zurückgehen.

Schmidt, T., N. Benner, B. Blagov, M. Dirks, D. Grozea-Helmenstein, N. Isaak, R. Jessen, F. Kirsch, S. Kotz, C. Krause, P. Schacht-Picozzi und K. Weyerstraß (2024), Sommer 2024: Weiterhin kein konjunktureller Aufschwung in Sicht. RWI Konjunkturberichte, 75, 3, 5-38

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