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RWI Positionen #38

2010

Boris Augurzky, Stefan Felder, Sebastian Krolop, Christoph M. Schmidt, Jürgen Wasem

Ein gesundheitspolitisches Reformprogramm

Das Gesundheitswesen ist eine der bedeutendsten Branchen der deutschen Wirtschaft. Die demografische Entwicklung, der medizinisch-technische Fortschritt und ein gestiegener Wohlstand haben dazu geführt, dass die Ausgaben für Gesundheit in den vergangenen Jahrzehnten überproportional gestiegen sind. Es spricht vieles dafür, dass diese Entwicklung sich fortsetzt. Die Gesundheitswirtschaft könnte daher zu einem wichtigen Wachstumsmotor der deutschen Volkswirtschaft werden. Dafür müsste es der Politik jedoch gelingen, einerseits die absehbaren Engpässe der Finanzierung durch Reformen der Kranken- und Pflegeversicherung zu verhindern und andererseits die Effizienz der Leistungserbringung durch mehr Transparenz und die verstärkte Nutzung des Wettbewerbs zu steigern. Andernfalls würden wachsende Defizite auf der Finanzierungsseite und ineffizienter Ressourceneinsatz bei den Leistungserbringern ein produktives Wachstum des Gesundheitswesens und die damit verbundenen Wohlfahrtsgewinne eher früher als später beenden. In dieser rwi-Position wird ein umfassendes gesundheitspolitisches Reformprogramm vorgeschlagen, das sich an den Zielen der sozialen Gerechtigkeit und der ökonomischen Effizienz orientiert. Es nimmt dabei beide Seiten des Marktes in den Blick – sowohl die von der Finanzierung bestimmte Nachfrage, als auch das durch die einzelnen Leistungserbringer geprägte Angebot. Auf Seiten der Finanzierung plädieren wir langfristig für ein vereinheitlichtes System, in eine solidarisch finanzierte Grundsicherung mit einem klar definierten Leistungskatalog verpflichtend ist und darüber hinaus Zusatzversicherungen für Wahlleistungen abgeschlossen werden können. Wir präsentieren in einer modularen Konzeption konkrete Schritte für die kurze und mittlere Frist, die für sich genommen bereits eine Verbesserung gegenüber dem Status quo darstellen und zugleich eine Annäherung an dieses Ideal bewirken. Auf Seiten der Leistungserbringung sind die Stärkung des Wettbewerbs, die Verankerung von Kosten-Nutzen-Bewertungen sowie die Überwindung von Sektorengrenzen von besonderer Bedeutung.