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RWI Konjunkturberichte

2010

György Barabas, Heinz Gebhardt, Torsten Schmidt, Klaus Weyerstraß

Projektion der mittelfristigen Wirtschaftsentwicklung bis 2014

In Folge der Finanzkrise und des Einbruchs der Auslandsnachfrage hat die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr die schwerste Rezession in der Nachkriegszeit erlebt. Auch wenn sich die Produktion inzwischen zu erholen scheint, dürften die Folgen der Finanzkrise das Produktionspotenzial noch längere Zeit beeinträchtigen. Da sich Finanzierungsbedingungen für Unternehmensinvestitionen nur langsam verbessern, dürfte die Sachkapitalbildung zunächst langsamer erfolgen als vor der Krise. Dies ist auch deshalb zu erwarten, weil vor der Rezession in einigen Sektoren Überkapazitäten aufgebaut worden waren, die wieder abgebaut werden müssen. Dadurch hat ein Teil des Kapitalstocks an Wert verloren, der voll abgeschrieben werden muss. Die geringere Investitionstätigkeit beeinträchtigt nicht nur die Höhe des Kapitalstocks, sondern auch die Implementierung des technischen Fortschritts, da durch die Anschaffung neuer Kapitalgüter in der Regel Innovationen realisiert werden. Auch wirkt sich die Rezession auf den Arbeitsmarkt aus. Zwar ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland bisher verhältnismäßig wenig gestiegen. Die nur zögerliche Erholung birgt jedoch die Gefahr, dass die strukturelle Arbeitslosigkeit steigt. Insgesamt gesehen haben sich die Aussichten für das mittelfristige Wachstumspotenzial deutlich eingetrübt. Die vorliegende Prognose des mittelfristigen Wirtschaftswachstums wurde mit Hilfe des RWI-IHS-Mittelfristmodells erstellt. Dieses bildet die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und die Preise, die Verteilung und die Entstehung des BIPs sowie den Arbeitsmarkt und den Staatssektor detailliert ab. Für Mittelfristprojektionen sind angebotsseitige Faktoren von zentraler Bedeutung, da diese das Produktionspotenzial bestimmen. Daher enthält das Modell einen Angebotsteil, in dessen Mittelpunkt eine Produktionsfunktion steht. Diese erklärt das potenzielle Produktionsniveau in Abhängigkeit vom Kapitaleinsatz, vom trendmäßigen Arbeitseinsatz und vom technischen Fortschritt2.14Der Arbeitseinsatz wird durch das Arbeitsvolumen, d.h. die Zahl der potenziell geleisteten Arbeitsstunden abgebildet. Es setzt sich multiplikativ aus vier Komponenten zusammen: (1) der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, (2) der Partizipationsrate, d.h. jenes Teils der erwerbsfähigen Bevölkerung, der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, (3) der potenziellen Beschäftigungsquote, d.h. dem Komplement zur strukturellen Arbeitslosenquote, sowie (4) der durchschnittlichen Arbeitszeit je Erwerbstätigen.3 Mit Ausnahme der Bevölkerung gehen diese Faktoren in die Bestimmung des Produktionspotenzials nicht mit ihren tatsächlichen, sondern mit ihren potenziell möglichen Werten ein. Diese werden mittels statistischer Filterverfahren approximiert.

Barabas, G., H. Gebhardt, T. Schmidt und K. Weyerstraß (2010), Projektion der mittelfristigen Wirtschaftsentwicklung bis 2014. RWI Konjunkturberichte, 61, 1, 97-102

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