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Jahresende 2023: Privater Konsum dämpft die konjunkturelle Erholung in Deutschland

In der zweiten Jahreshälfte hat sich die konjunkturelle Schwächephase fortgesetzt. Im dritten Quartal ist die Wirtschaftsleistung leicht zurückgegangen und auch zum Jahresende zeichnet sich keine durchgreifende Besserung ab. Ein wichtiger Grund dafür, dass die Erholung vom Energiepreisschock bisher ausbleibt, ist die Zurückhaltung der Konsumentinnen und Konsumenten. Zwar scheinen sich die real verfüg-baren Einkommen der privaten Haushalte inzwischen etwas zu stabilisieren. Eine Erholung von dem seit 2020 zu beobachtenden Rückgang der Realeinkommen zeichnet sich derzeit aber noch nicht ab. Dem entsprechend ist auch der private Konsum noch rückläufig. Erst im kommenden Jahr dürften die real verfügbaren Einkommen einen merklichen Teil ihrer vorherigen Verluste wieder ausgeglichen haben, sodass die privaten Haus-halte ihr Konsumzurückhaltung nach und nach aufgeben. Auch die sinkenden Zinsen dürften dem Konsum und den Investitionen Auftrieb verleihen. Zusätzlich gehen wir davon aus, dass der wirtschaftspolitische Rahmen insbesondere für die Energiewende deutlichere Konturen annimmt. Angesichts dessen dürften dann auch die Unter-nehmen ihre Investitionsnachfrage steigern und einen Teil ihrer aufgeschobenen Investitionen nachholen. Im Jahresdurchschnitt dürfte das BIP in diesem Jahr um 0,3% zurückgehen. Im Jahr 2024 wird das BIP wohl um 0,8% und im Jahr 2025 um 1,4% ausgeweitet werden. Dabei dürfte der Preisdruck im Prognosezeitraum weiter nachlassen. Im Jahresdurchschnitt erwarten wir für dieses Jahr eine Teuerung von 6,0%. In den beiden kommenden Jahren dürften die Raten dann 2,1% und 1,8% betragen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts dürfte die Staatsausgaben in der kurzen Frist unmittelbar kaum beeinträchtigen. Mittelbar dämpft es die Staatsausgaben, denn der Bundeshaushalt für das Jahr 2024 dürfte erst nach Beginn des Jahres verabschiedet werden. Die vorläufige Haushaltsführung wird sich ausgaben-mindernd auswirken. Zugleich dürften Finanzierungsvorbehalt und die Unsicherheit den Mittelabfluss der Förderprogramme weiter verzögern. Unternehmen dürften einige Investitionen zurückstellen, bis sich die Politikunsicherheit legt. Das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit dürfte daher im laufenden Jahr mit gut 57 Mrd. Euro deutlich unter dem des Vorjahres (knapp 100 Mrd. Euro) liegen. Im Jahr 2024 dürfte das Finanzierungsdefizit auf gut 31 Mrd. Euro schrumpfen. Im Jahr 2025 wird das Finanzierungsdefizit wohl leicht steigen und dann gut 35 Mrd. Euro betragen. Der deutsche Arbeitsmarkt schwächelt seit einigen Monaten. Die saisonbereinigten Beschäftigungszuwächse waren zuletzt stark rückläufig. Zeitgleich stieg die Zahl der Arbeitslosen merklich um 48 Tsd. im dritten Quartal 2023. Die Erwerbstätigkeit dürfte aufgrund des demografischen Wandels im Verlaufe des kommenden Jahres ihren Zenit erreichen und im Jahr 2025 abnehmen. Andererseits ist zu erwarten, dass auch die Arbeitslosigkeit ab dem kommenden Jahr wieder sinkt, wobei neben dem Fach- und Arbeitskräftemangel auch die konjunkturelle Erholung eine wichtige Rolle spielt. Im Jahresdurchschnitt dürfte die Arbeitslosenquote im Jahr 2023 bei 5,7% liegen und nach wiederum 5,7% im Jahr 2024 auf 5,5% im Jahr 2025 sinken.

Schmidt, T., G. Barabas, N. Benner, B. Blagov, M. Dirks, N. Isaak, R. Jessen, F. Kirsch, C. Krause und P. Schacht (2023), Jahresende 2023: Privater Konsum dämpft die konjunkturelle Erholung in Deutschland. RWI Konjunkturberichte, 74, 4, 30-69

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