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RWI Positionen #46

2011

Nils aus dem Moore, Boris Beimann, Heinz Gebhardt, Rainer Kambeck

Der Weg zu nachhaltigen Finanzen: Weniger Soziales, mehr Investitionen

Wie haben sich Umfang und Struktur der deutschen Staatseinnahmen und -ausgaben über die Zeit entwickelt – und wie ist die aktuelle Situation aus ökonomischer Sicht zu bewerten? Mit diesen Fragen spricht die vorliegende RWI Position die seit langer Zeit geführte Debatte über den „richtigen“ Umfang der Staatstätigkeit und die Frage nach einer „optimalen“ Staatsquote an. Vor der Bewertung steht jedoch die empirische Analyse. Die RWI Position stellt daher zunächst die Struktur und Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben des Staates sowie die damit verbundenen Finanzierungsprobleme im Überblick dar. Im Mittelpunkt stehen dabei eine Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von eher konsumtiven Sozialleistungen und Investitionen in die Gestaltung der Zukunft sowie eine Problematisierung des zunehmenden Gewichts der im so genannten „Sozialbudget“ verausgabten Mittel. Anschließend werden die zu erwartenden Folgen des demografischen Wandels, explizite und implizite Staatsverschuldung sowie die damit eng verbundene Frage der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen erörtert. Gesamtstaatlich betrachtet ist es seit Mitte der 1970er in den meisten Jahren nicht gelungen, die steigenden Ausgaben mit „ordentlichen“ Einnahmen aus Steuern und Beitragsleistungen der Bürger zu finanzieren. Einen erheblichen Anteil an dieser Entwicklung hat die Expansion der Sozialleistungen, die im Jahr 2009 insgesamt ein Volumen von 754 Mrd. € erreichten, wovon der Staat den größten Anteil finanzieren musste. Eine Konsequenz der zunehmenden Inanspruchnahme von staatlichen Mitteln für den Sozialbereich ist eine seit Beginn der 1990er Jahre über fast eineinhalb Jahrzehnte sinkende staatliche Investitionsquote. Eine andere, noch dramatischere Kehrseite der regelmäßigen Kreditfinanzierung staatlicher Leistungen ist die Staatsverschuldung, die zum Jahresende 2010 einen Betrag von über 2 Bill. € erreicht hat. Die Schuldenquote übersteigt derzeit die mit dem Maastricht-Kriterium von 60% vorgegebene Grenze deutlich. Vor diesem Hintergrund wird im Fazit argumentiert, dass es erstens keine sinnvolle Alternative zur Konsolidierung der Staatsfinanzen gibt, dass zweitens diese Konsolidierung über die Ausgabenseite bei paralleler Verbesserung der Ausgabenstruktur erfolgen sollte, und dass drittens die infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise signifikant gestiegene Staatsquote auf das vor der Krise bestehende Niveau zurückgeführt werden sollte.