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RWI Projektberichte

Simulationsstudie zur Personalanforderung der Richtlinie zur Qualitätssicherung bei der Versorgung von Früh- und Reifgeborenen

Projektbericht im Auftrag der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft e.V. (NKG)
15. Februar 2019

Die Qualitätssicherung im Bereich der Perinatalversorgung in deutschen Krankenhäusern wurde zu Jahresbeginn 2014 durch die Qualitätssicherungs‐Richtlinie Früh‐ und Reifgeborene (QFR‐RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G‐BA) grundlegend neu geregelt. Die QFR‐RL beinhaltet u.a. verbindliche Mindestanforderungen für die Betreuung von Früh‐ und Reifgeborenen auf den neonatologischen Intensivstationen. Ziel ist die Verbesserung der Qualität der Versorgung von Früh‐ und Reifgeborenen durch eine Erhöhung des Verhältnisses von Pflegefachkräften zu betreuten Neugeborenen. Gemäß der Richtlinie werden strikte Pflegepersonalschlüssel für das Verhältnis von Frühgeborenen und Pflegefachkräften je Schicht festgelegt. Laut QFR‐RL muss der daraus resultierende Personalbedarf in mindestens 95 Prozent aller Schichten erfüllt sein. Des Weiteren darf der Personalschlüssel nicht in mehr als zwei aufeinanderfolgenden Schichten verletzt werden. Erfüllen Krankenhäuser innerhalb eines Jahres eines der beiden Kriterien nicht, dürfen sie ab dem 01.01.2020 keine neonatologischen Leistungen mehr erbringen. Aufgrund von hohem bzw. unvorhergesehenem Patientenaufkommen, akutem bzw. unvorhergesehenem Personalausfall oder fehlender Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal am Arbeitsmarkt, sowie Schwierigkeiten bei der Verlegung von Kindern bei Versorgungsengpässen kann es im laufenden Betrieb jedoch zur Nichterfüllung der Richtlinie kommen. Weitere Gründe können die begrenzte Anzahl der verfügbaren Weiterbildungsplätze in pädiatrischer Intensiv‐pflege, mangelnde Kapazitäten für die Freistellung zur Einarbeitung bzw. Weiterbildung von Mitarbeitern und das Abwerben sowie die Fluktuation von Personal darstellen (G‐BA 2018b). Entscheidend ist an erster Stelle daher die Frage, wie wahrscheinlich eine Erfüllung bzw. Nichterfüllung der Personalvorgaben der QFR‐RL für Pflegefachkräfte durch die Perinatalzentren ist und welche weiteren Personalmaßnahmen für eine Erfüllung notwendig sind. Basierend auf empirischen Daten von niedersächsischen Perinatalzentren für den Zeitraum 01.07.2017 bis einschließlich 30.06.2018 werden die Erfüllungswahrscheinlichkeit für beide Kriterien mithilfe einer Monte‐Carlo Simulation geschätzt. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der Perinatalzentren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die Kriterien nicht erfüllen wird. Unter dem status quo liegt die geschätzte Wahrscheinlichkeit einer Nichterfüllung im darauffolgenden Jahr zwischen 25 und 100 Prozent, wobei das zweite Kriterium für die Nichterfüllung maßgeblich ist. Das bedeutet, dass auch Zentren mit dem momentan besten Erfüllungsgrad im Durchschnitt alle 4 Jahre die Personalvorgaben der QFR‐RL verletzen würden. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass erhebliche Personalmaßnahmen nötig sind, um die Pflegepersonalschlüssel entsprechend den Vorgaben der QFR‐RL jederzeit zu erfüllen. Nur die Vorhaltung einer sehr hohen Personalkapazität von Pflegefachkräften in Verbindung mit einer hohen Flexibilisierung des Personaleinsatzes kann dem Nichterfüllen der QFR‐RL entgegenwirken.