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RWI Positionen #58

2014

Roland Döhrn

Falsche Hoffnungen

Der Mindestlohn gibt kaum Impulse für die Konjunktur

Die Bundesregierung setzt große Hoffnungen in den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Im Jahreswirtschaftsbericht weist sie darauf hin, dass er erstens die Einkommensverteilung gerechter machen und zweitens die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stärken soll. Während die wahrscheinlich negativen Folgen für die Beschäftigung und die vermutlich geringen Effekte auf die Einkommensverteilung in der ökonomischen Literatur bereits intensiv diskutiert wurden, sind mögliche Nachfragewirkungen eines flächendeckenden Mindestlohns in Deutschland bisher nur unzureichend erörtert worden. Die vorliegende RWI Position füllt diese Lücke - und kommt zu dem Ergebnis, dass eine nennenswerte Stimulierung der Nachfrage nicht zu erwarten ist. Der Mindestlohn wird absehbar kaum zusätzliche Einkommen schaffen, sondern vor allem eine Umverteilung der verfügbaren Einkommen zu Lasten der Bezieher von Gewinneinkommen und zu Gunsten von Arbeitnehmern mit zumeist einfachen Tätigkeiten bewirken. Die Bundesregierung fokussiert ihre Argumentation jedoch allein auf die erhoffte Zunahme der Arbeitseinkommen und erwartet, dass deren konjunkturelle Wirkung durch zusätzlich ausgelöste Konsumausgaben weiter verstärkt wird. Zwei aus makroökonomischer Sicht entscheidende Aspekte werden dabei jedoch vernachlässigt: Erstens dürften zahlreiche Unternehmen bei steigenden Kosten die Preise anheben, was die Kaufkraft aller Konsumenten dämpft. Zweitens sind auch Gewinneinkommen mit 35% ein relevanter Bestandteil der verfügbaren Einkommen. Da gerade kleine Unternehmen durch den Mindestlohn belastet werden, dürfte der induzierte Gewinnrückgang häufig jene (Unternehmer-)Haushalte betreffen, die als Konsequenz ihren Konsum einschränken müssten. Es wäre vor diesem Hintergrund illusorisch, von der Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland eine nennenswerte Stimulierung der Nachfrage zu erwarten.