Steuersignale zur Transformation der Pkw-Flotte
Reformoptionen für eine faire und klimagerechte Kfz- und Dienstwagenbesteuerung Kompaktbericht Version 2.0
Die globalen Ziele des Übereinkommens von Paris und die gemeinsame EU-Klimaagenda werden für Deutschland mit dem Klimaschutzgesetz von 2021 konkretisiert. Bis 2045 muss Deutschland über alle Sektoren hinweg klimaneutral sein; auf diesem Weg ist zunächst 2030 das sektorübergreifende Ziel einer Minderung der Treibhausgasemissionen um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen. Für den Verkehrssektor wurde ein Emissionsziel von 85 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten für das Jahr 2030 festgelegt, was eine Reduktion um 48 Prozent gegenüber dem letzten Vor-Corona-Jahr 2019 verlangt. Ohne erhebliche zusätzliche klimapolitische Anstrengungen werden diese Ziele weit verfehlt. Angesichts seines dominanten Emissionsanteils wird dabei gerade der Personenverkehr auf der Straße einen entscheidenden Minderungsbeitrag leisten müssen. Auch mit Blick auf den weiteren Umwelt- und Gesundheitsschutz unter anderem bei Schadstoff- und Lärmbelastungen spielt der Pkw-Verkehr eine zentrale Rolle. Die Dringlichkeit schneller, substantieller und anhaltender Emissionsminderungen steht dabei in klarem Widerspruch zu den beobachteten Emissionsentwicklungen: Der Verkehrssektor ist der einzige Sektor in Deutschland, bei dem die Treibhausgasemissionen bis 2019 gegenüber 1990 unverändert hoch waren. Erkennbar ist vor allem, dass technologische Fortschritte in der Antriebseffizienz immer wieder konterkariert werden durch einen Trend zu größeren, schwereren und höher motorisierten Fahrzeugen. Genau an diesem Problempunkt setzt die Studie in der Analyse der steuerlichen Entwicklungsoptionen an: Der Fokus liegt auf der Kraftfahrzeugsteuer (Kfz-Steuer) sowie auf der Dienstwagenbesteuerung, da hierdurch insbesondere die Entscheidungen hinsichtlich der Anschaffung, aber auch hinsichtlich der Nutzung von Pkw maßgeblich beeinflusst werden können. Überdies befinden sich Europa und Deutschland seit Februar 2022 durch den Beginn des Krieges in der Ukraine in einer spürbar veränderten Situation. Es ist deutlich, dass der Krieg für die Nutzung fossiler Energieträger und Treibstoffe in Europa eine Zeitenwende einläutet. Unter anderem sind die Energiepreise in den letzten Monaten stark gestiegen, worauf die Bundesregierung mit einem Bündel von Entlastungsmaßnahmen reagiert hat. Im Verkehrssektor wird die Energiesteuer auf Kraftstoffe für drei Monate herabgesetzt, sodass der Benzinpreis bei vollständiger Weitergabe an die Endverbraucher:innen um 35 Cent und der Dieselpreis um 17 Cent je Liter sinken kann. Parallel wird im öffentlichen Personennahverkehr für drei Monate ein Ticket für neun Euro im Monat angeboten. Diese kurzfristige sozialpolitische Abfederung der Preisschocks weist in der Klima-, Energie- und Verkehrspolitik allerdings in keine neue, nachhaltige Richtung – im Gegenteil. Die Ukrainekrise und die Klimakrise stärken wechselseitig die Notwendigkeit, den Einsatz fossiler Energieträger in allen Sektoren und insbesondere im Verkehrssektor deutlich zu reduzieren. Der Weg in eine grundlegende Verkehrswende mit schneller Dekarbonisierung trägt damit nicht nur zur Abwehr der Klimakrise bei, er reduziert auch die „fossile Abhängigkeit“ von Russland und anderen Autokratien. Verkehrspolitik kann so auch einen Beitrag zur europäischen Sicherheit und Souveränität leisten. Zudem wirken die hier diskutierten Reformen der Kfz-Steuer und der Dienstwagenbesteuerung tendenziell sozialpolitisch ausgleichend.
Agora Verkehrswende