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RWI Konjunkturberichte

2018

Roland Döhrn, György Barabas, Boris Blagov, Angela Fuest, Heinz Gebhardt, Robin Jessen, Martin Micheli, Svetlana Rujin, Lina Zwick

Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Konjunktur-Hoch hält an, aber Wolken am Horizont

Die konjunkturelle Lage in Deutschland ist nach wie vor ausgesprochen günstig. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) expandierte während des gesamten Jahres 2017 mit höheren Raten als das geschätzte Produktionspotenzial. Damit liegt die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung nunmehr deutlich über der Normalauslastung. Die Expansion wurde dabei ungeachtet der Aufwertung des Euro verstärkt von der Außenwirtschaft getragen. Der private Konsum wurde dagegen nach einem starken ersten Halbjahr in der zweiten Jahreshälfte kaum noch ausgeweitet. Die Bauinvestitionen stoßen mittlerweile allem Anschein nach an Kapazitätsgrenzen. Die Indikatoren sprechen für eine nochmals kräftige Zunahme des BIP im ersten Quartal 2018. Im weiteren Jahresverlauf dürfte das Expansionstempo aber nachlassen. Ursachen sind die sich immer deutlicher abzeichnenden Engpässe am Arbeitsmarkt, eine Verunsicherung der Unternehmen über ihren Zugang zu wichtigen Märkten, zudem dürfte die Aufwertung des Euro nachwirken. Alles in allem erwarten wir einen Zuwachs des BIP um 2,4%, womit die Rate arbeitstäglich bereinigt etwas geringer ist als im Vorjahr, das durch einen großen negativen Arbeitstageeffekt beeinflusst war. Für 2019 prognostizieren wir eine Zunahme des BIP um 1,9%. Dabei dürfte die Beschäftigung weiter zunehmen, obschon mit geringerer Dynamik als zuletzt: Zum einen verlangsamt sich der Produktionsanstieg etwas, zum anderen dürfte es, worauf die wachsende Zahl unbesetzter Stellen hinweist, zunehmend schwerfallen, zusätzliche Arbeitskräfte zu rekrutieren. Die Arbeitslosenquote dürfte weiter sinken, auf 5,2% im Jahresdurchschnitt 2018 und auf 5,1% im Durchschnitt kommenden Jahres. Ungeachtet der Anspannungen am Arbeitsmarkt hat sich der Anstieg der Verbraucherpreise bislang kaum beschleunigt. Zwar werden die Preise auf der Erzeugerstufe mittlerweile kräftiger angehoben, auf die Verbraucherebene schlug dies jedoch nur begrenzt durch, auch weil die Aufwertung des Euro den Anstieg der Einfuhrpreise dämpfte. Im Prognosezeitraum dürfte allerdings der Lohnkostendruck zunehmen, sodass mit einem allmählichen Anziehen der Inflation zu rechnen ist. Wir erwarten eine Teuerungsrate von 1,8% in Durchschnitt dieses Jahres und von 1,9% im kommenden Jahr. Der Budgetüberschuss stieg im Jahr 2017 von 25,7 auf 36,6 Mrd. €. In diesem Jahr wird der Überschuss des Staates trotz einer leicht expansiv ausgerichteten Finanzpolitik voraussichtlich nochmals auf 40 Mrd. € zunehmen, zum einen aufgrund konjunkturbedingter Mehreinnahmen und Minderausgaben, zum anderen wegen des Wegfalls der Belastungen durch die Rückzahlung der Kernbrennstoffsteuer. Für das kommende Jahr ist ein Rückgang des Überschusses auf 29 Mrd. € zu erwarten, weil die finanzpolitischen Maßnahmen des Koalitionsvertrages zu Mehrausgaben führen. Das größte Risiko für die deutsche Konjunktur ergibt sich derzeit aus dem Handelsstreit mit den USA und den Unwägbarkeiten des Ausgangs der Brexit-Verhandlungen. Im vergangenen Jahr gingen 6,6% der deutschen Ausfuhren nach Großbritannien und 8,7% in die USA. Eine Eskalation des Handelsstreits oder eine Form des Brexit, die den Marktzugang in Großbritannien abrupt verschlechtert, hätte massive Auswirkungen auf die deutsche Exportwirtschaft, und dies möglicherweise sogar bereits recht kurzfristig.

Döhrn, R., G. Barabas, B. Blagov, A. Fuest, H. Gebhardt, R. Jessen, M. Micheli, S. Rujin und L. Zwick (2018), Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Konjunktur-Hoch hält an, aber Wolken am Horizont. RWI Konjunkturberichte, 69, 1, 41-103

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