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RWI Konjunkturberichte

2018

Roland Döhrn, György Barabas, Boris Blagov, Angela Fuest, Philipp Jäger, Robin Jessen, Martin Micheli, Svetlana Rujin

Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Aufschwung setzt sich fort, Gefährdungen nehmen zu

Der Aufschwung der deutschen Wirtschaft hat sich in der ersten Hälfte des Jahres 2018 fortgesetzt, wenn auch die Zuwachsraten etwas niedriger waren als im Jahr davor. Getragen wurde er von der Inlandsnachfrage. Der Konsum wurde bei günstiger Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung spürbar ausgeweitet und die Investitionen nahmen lebhaft zu. Dabei stößt die Bautätigkeit allem Anschein nach an Kapazitätsgrenzen, was sich auch in einem beschleunigten Anstieg der Baupreise äußert. Im Prognosezeitraum dürfte die konjunkturelle Dynamik weiter von der Binnennachfrage geprägt sein. Für die Exporte hingegen zeichnet sich nicht zuletzt aufgrund der verbreiteten protektionistischen Tendenzen eine weiterhin nur langsame Zunahme ab, allenfalls im weiteren Verlauf könnten die deutschen Ausfuhren etwas rascher zunehmen. Der Konsum profitiert hingegen von einem voraussichtlich anhaltenden Beschäftigungsaufbau, insbesondere im Jahr 2019 auch von Impulsen seitens der Finanzpolitik. Die hohe gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung dürfte sich in einer Ausweitung der Investitionen niederschlagen. Alles in allem erwarten wir eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,8% in diesem, und um 1,7% im kommenden Jahr. Der prognostizierte Zuwachs im Jahr 2020 um 1,9% wird wesentlich von einem Arbeitstageeffekt beeinflusst; im konjunkturellen Verlauf wird der Zuwachs schwächer. Der Beschäftigungsaufbau wird sich voraussichtlich in etwas geringerem Tempo fortsetzen. Treibende Kraft bleibt wohl der Dienstleistungssektor. Da das Erwerbspersonenpotenzial verlangsamt wächst, haben sich die Arbeitsmarktchancen von Arbeitslosen in jüngster Zeit verbessert. Wir erwarten, dass sich dies fortsetzt und die Zahl der registrierten Arbeitslosen sich gegen Ende des Prognosezeitraums der Marke von zwei Millionen nähert. Die Teuerung hat sich in den vergangenen Monaten insbesondere aufgrund von Energiepreissteigerungen beschleunigt, während sich die Kerninflation kaum veränderte. Für den Prognosezeitraum gehen wir aufgrund der hohen Kapazitätsauslastung von einem Anziehen der Kerninflation aus, während wir ein Auslaufen des Einflusses der gestiegenen Energiepreise erwarten. Insgesamt werden die Verbraucherpreise nach einem Anstieg um jeweils 1,9% in diesem Jahr und im kommenden Jahr um 1,7% in 2020 zunehmen. Der Staat dürfe in diesem Jahr einen hohen Budgetüberschuss von 57 Mrd. € erzielen, wozu insbesondere die von der Inlandsnachfrage getriebene und damit sehr abgabenergiebige Konjunktur beiträgt. Insbesondere für das kommende Jahr zeichnet sich eine deutlich expansiver ausgerichtete Finanzpolitik ab. Auf der einen Seite werden Steuern gesenkt, auf der anderen Seite Transfers aufgestockt. Der Budgetsaldo dürfte sich damit auf 46 Mrd. € (2019) bzw. 47 Mrd. € (2020) verringern - im längerfristigen Vergleich dennoch hohe Werte. Der konjunkturbereinigte Überschuss sinkt hingegen deutlicher. Diese Prognose ist mit erheblichen Abwärtsrisiken verbunden, die sich insbesondere aus dem weltwirtschaftlichen Umfeld ergeben. Eine Verschärfung der internationalen Handelskonflikte, ein 'harter' Brexit oder eine Ansteckung anderer Schwellenländer durch die derzeitigen Probleme in der Türkei hätten erhebliche negative Auswirkungen auf eine exportorientierte Wirtschaft.

Döhrn, R., G. Barabas, B. Blagov, A. Fuest, P. Jäger, R. Jessen, M. Micheli und S. Rujin (2018), Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Aufschwung setzt sich fort, Gefährdungen nehmen zu. RWI Konjunkturberichte, 69, 3, 21-56

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