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RWI Positionen #19

Von der baldigen Erschöpfung der Rohstoffe und anderen Märchen

Der Rohstoffgehalt der Erdkruste ist endlich. Diese unumstößliche Tatsache löst in Zeiten hoher Rohstoffpreise immer wieder große Besorgnis um die derzeitige, vor allem aber um die zukünftige Rohstoffversorgung aus. Gestützt auf die Medien schüren besonders Interessengruppen derartige Ängste. Sehr schnell ist dann von einer Rohstoffkrise die Rede (Reichel 2006: 32). Nicht weniger häufig ist zu lesen, dass Rohstoffe und Energie immer knapper und teurer werden, etwa im Titel des RAG-Magazins 1/2005 (RAG 2005). In der Tat treten auf Rohstoffmärkten immer wieder Engpasssituationen auf, die eine Phase hoher Rohstoffpreise zur Folge haben. Eine solche Phase ist etwa seit Beginn 2003 zu beobachten. Da sich Rohstoffmärkte bekanntermaßen zyklisch verhalten, ist in Zukunft allerdings eine gegenläufige Entwicklung der Preise zu erwarten. Der vorliegende Beitrag nutzt die vorhandenen empirischen Belege, um durch eine langfristige Sichtweise und eine nüchterne statistisch-deskriptive Analyse ein unvoreingenommenes Porträt der Rohstoffmärkte zu zeichnen. Eine solche langfristige Analyse ist zwar mit einem hohen Abstraktionsgrad verbunden, bietet aber gerade deshalb den Vorteil eines hohen Maßes an Objektivität, da Phasen hoher Rohstoffpreise darin kein unverhältnismäßig hohes Gewicht erlangen. Es erweist sich, dass die Ängste, die in Zeiten hoher Rohstoffpreise oftmals zum Zweck der Durchsetzung von Partikularinteressen geweckt und genährt werden, etwa zur Aufrechterhaltung der Subventionierung deutscher Steinkohle (Reichel 2006: 32), weitgehend zu entkräften sind. Dieser Beitrag zeigt insbesondere, dass die Endlichkeit von Rohstoffen - vor allem bei nichtenergetischen Ressourcen - wenig Besorgnis auslösen sollte. So sind die Preise vieler Rohstoffe, welche mit zu den aussagekräftigsten Knappheitsindikatoren zählen, real betrachtet in der Vergangenheit sogar gesunken anstatt stark gestiegen. Im Gegensatz dazu sind die Reserven der meisten Rohstoffe - definitionsgemäß die wirtschaftlich gewinnbaren Vorkommen - trotz eines immer weiter zunehmenden Verbrauchs nicht etwa gefallen, sondern gar angestiegen. Gemessen an den Reserven sind die meisten Rohstoffe demnach in der Vergangenheit keineswegs knapper geworden.