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RWI Konjunkturberichte

2006

Roland Döhrn, György Barabas, Heinz Gebhardt, Heinz Josef Münch, Günter Schäfer, Torsten Schmidt, Hans-Karl Starke, Ullrich Taureg

Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Gedämpfter Aufschwung

Die deutsche Wirtschaft befindet sich zurzeit in einem kräftigen Aufschwung. Treibende Kraft ist die Inlandsnachfrage, insbesondere die Ausrüstungsinvestitionen. Bei den Bauinvestitionen scheint der zehn Jahre währende Rückgang beendet. Unverändert schwach sind die privaten Konsumausgaben. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich spürbar verbessert. Seit Jahresbeginn ist die Zahl der Erwerbstätigen (saisonbereinigt)um 250 000 gestiegen. Zugleich steigt die Zahl der Offenen Stellen. Im Prognosezeitraum wird sich der Aufschwung nach unserer Einschätzung fortsetzen, aber an Tempo verlieren. Getragen wird die Expansion voraussichtlich weiterhin von der Inlandsnachfrage, während von der Außenwirtschaft bei etwas schwächer werdender Weltkonjunktur kaum noch Wachstumsbeiträge ausgehen. Für dieses Jahr erwarten wir einen Zuwachs des BIP um 2,2%. Die Investitionstätigkeit dürfte aufwärtsgerichtet bleiben. Die Konsumausgaben erhalten voraussichtlich durch vorgezogene Käufe wegen der für 2007 anstehenden Mehrwertsteuererhöhung vorübergehenden Auftrieb. Aus- und Einfuhr expandieren aller Wahrscheinlichkeit nahezu gleich stark. Für das kommende Jahr zeichnet sich eine schwächere Expansion ab. Die Erhöhung der Mehrwert- und der Versicherungsteuer wird die Teuerungsrate unserer Einschätzung nach um knapp 1%-Punkt in die Höhe treiben. Entsprechend wird den privaten Haushalten Kaufkraft entzogen. Dies dürfte durch die Senkung der Beiträge zur Sozialversicherung nicht ausgeglichen werden. Allerdings sehen wir derzeit kein Ende des Aufschwungs. Die Investitionen werden 2007 voraussichtlich nochmals ähnlich stark ausgeweitet werden wie in diesem Jahr, und aufgrund der hohen Kapazitätsauslastung werden wohl weiterhin Arbeitsplätze geschaffen. Das BIP dürfte 2007 um 1,7%wachsen. Die Arbeitslosenquote könnte dann von voraussichtlich 10,4% (2006) auf 9,7% sinken. In den öffentlichen Haushalten zeichnet sich schon für dieses Jahr eine deutliche Besserung ab, weil die Steuereinnahmen konjunkturbedingt kräftig steigen. Die Defizitquote dürfte auf 2,4% sinken. Für 2007 ist mit einem weiteren Rückgang auf 1,5% zurechnen, da die Steuererhöhungen mehr Geld in die Kasse des Staates bringen. Damit erfolgt die Konsolidierung allerdings über die Einnahmenseite. Wachstumsgerecht wären Ausgabeneinsparungen gewesen. Die derzeit kräftigste Expansion seit 1999/2000 ist unserer Einschätzung nach überwiegend konjunkturell bedingt. Die Strukturreformen der vergangenen Jahre und die Maßnahmen zur Konsolidierung der Staatsfinanzen dürften bisher den Wachstumstrend nur wenig angehoben haben. Insofern signalisieren die hohen BIP-Raten keineswegs, dass der Handlungsdruck für die Politik geringer geworden ist.

Döhrn, R., G. Barabas, H. Gebhardt, H. Münch, G. Schäfer, T. Schmidt, H. Starke and U. Taureg (2006), Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Gedämpfter Aufschwung. RWI Konjunkturberichte, 57, 2, 109-157

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