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Mittelstandsmonitor: Jährlicher Bericht zu Konjunktur- und Strukturfragen kleinerer und mittlerer Unternehmen

2009

Patentaktivitäten mittelständischer Unternehmen – Eine Analyse der Textil- und Nanotechnologie

Die Bedeutung von Innovationen und der Entwicklung neuer Technologien für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft ist weitgehend unstrittig. Welche Technologiefelder dabei besonders wichtig sind und welche Rolle kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in diesem Kontext spielen, ist jedoch weit weniger klar. Für die empirische Analyse dieser Fragestellungen bieten sich Patentdaten an, da sie die Identifikation der beteiligten Unternehmen erlauben und eine Analyse von branchenübergreifenden Technologiefeldern ermöglichen. Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag zunächst allgemein die Besonderheiten der Patentaktivitäten und -strategien von KMU. In einem zweiten Schritt werden auf Basis von Patentdaten die Innovationsaktivitäten mittelständischer Unternehmen in zwei ausgewählten Technologiefeldern analysiert, die in der öffentlichen Wahrnehmung mit gänzlich unterschiedlichen Vorstellungen belegt sind: die Textil- und die Nanotechnologie. Etwa 20 % aller Patentanmeldungen in Deutschland stammen von KMU. Dieser im Vergleich zu Umsatz- oder Beschäftigtenanteilen geringe Prozentsatz ist zum einen auf die Tatsache zurückzuführen, dass nur ein kleiner Teil der KMU in Bereichen aktiv ist, die mit Forschungsaktivitäten verbunden sind. Zum anderen haben KMU und Großunternehmen unterschiedliche Schwerpunkte beim Schutz ihres geistigen Eigentums. So ist festzustellen, dass KMU eher als Großunternehmen dazu neigen, Erfindungen geheim zu halten, anstatt sie durch ein Patent zu schützen. Als Gründe für diese Strategie werden häufig Schwierigkeiten und hohe Kosten bei der Patentierung und der Durchsetzung der Eigentumsrechte genannt. Trotzdem gibt es – wie bei der Analyse der ausgewählten Technologiefelder deutlich wird – eine ganze Reihe von KMU, die in ihren jeweiligen Bereichen sehr innovativ tätig und technologisch führend sind und ihre Erfindungen im In- und Ausland patentrechtlich schützen lassen. Die Technologiepolitik will diese Aktivitäten fördern und setzt dabei in Deutschland wie in zahlreichen anderen Industriestaaten seit den 1980er-Jahren verstärkt auf die Förderung der Entwicklung neuer Hochtechnologiefelder. Dazu gehört z. B. die Nanotechnologie, die jährlich mit mehreren 100 Mio. EUR öffentlicher Mittel gefördert wird. Die Patentanalyse für diesen Bereich zeigt, dass diese Impulse mit einer zunehmenden Patentaktivität insbesondere auch im Mittelstand einhergingen. Nachdem zunächst das Patentgeschehen in diesem neuen Forschungsfeld durch Großunternehmen dominiert wurde, hat seit den 1990er-Jahren – vor allem getrieben durch neu gegründete Technologieunternehmen – der Anteil des Mittelstands an den Patenten deutlich zugenommen. Als Schwerpunkt der Innovationsaktivitäten von KMU kristallisiert sich dabei immer mehr die Entwicklung von Geräten und Sensoren heraus, die für die Herstellung und Verarbeitung nanoskalierter Strukturen notwendig sind. Doch auch die Unternehmen der Textilindustrie konnten neue, innovative Technologiefelder erschließen, z. B. im Bereich der technischen Textilien. Hierbei werden textile Strukturen und Materialien für verschiedene Produkte aus unterschiedlichen Branchen eingesetzt. So haben technische Textilien mittlerweile zahlreiche Hightechanwendungen u. a. im Automobilbau, in der Bauindustrie oder der Medizintechnik gefunden. In den von Großunternehmen dominierten Bereichen Textilmaschinenbau und Textilchemie ist seit vielen Jahren ein Rückgang der Innovationsaktivitäten zu verzeichnen. Die Entwicklung neuer Anwendungen für technische Textilien führte jedoch zuletzt wieder zu einer deutlichen Intensivierung der Patentaktivitäten in der Textilindustrie. Parallel mit dem absoluten Anstieg der Patentanmeldungen bei technischen Textilien stieg auch der Anteil von KMU. Offensichtlich gelingt es besonders mittelständischen Unternehmen, mit innovativen Produkten neue Marktfelder zu besetzen und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu behaupten bzw. wieder herzustellen. Für die Politik ergibt sich als zentrale Botschaft, dass sich neue Technologien auch in den nicht zur Hochtechnologie zählenden traditionellen Wirtschaftssektoren entwickeln können. Nachhaltige Impulse für Wachstum und Beschäftigung gehen nicht nur von neu gegründeten Hightechunternehmen aus, sondern entstehen auch dann, wenn bereits etablierte Unternehmen durch Innovationen neue Märkte erschließen können. Um Ansatzpunkte für die Unterstützung der Technologieentwicklung zu erlangen, ist es daher erforderlich, auch „alte“ Branchen in den Blick zu nehmen. Gerade in Deutschland, das in zahlreichen dieser nicht als „Hightech“ klassifizierten Branchen des Verarbeitenden Gewerbes über international wettbewerbsfähige mittelständische Unternehmen verfügt, erscheint eine derartige Orientierung der Technologiepolitik ökonomisch sinnvoll.

Peistrup, M. und M. Rothgang (2009), Patentaktivitäten mittelständischer Unternehmen – Eine Analyse der Textil- und Nanotechnologie. Mittelstandsmonitor 2009: Deutsche Wirtschaft in der Rezession - Talfahrt auch im Mittelstand. Frankfurt am Main: KfW, 135-160.

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