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RWI Konjunkturberichte

2008

Roland Döhrn, György Barabas, Heinz Gebhardt, Tobias Kitlinski, Simeon Vosen, Tobias Zimmermann

Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Konjunktur im Abschwung

Die Konjunktur in Deutschland hat sich im Verlauf des Jahres 2008 spürbar abgeschwächt. Die Industrie- und die Bauproduktion sinken seit Januar in der Tendenz. Zwar war die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung im ersten Halbjahr nochmals um1,1% höher als in der zweiten Jahreshälfte 2007. Dies lag aber daran, dass der Produktionsrückgang im Verarbeitenden Gewerbe ausgehend von einem außerordentlich hohen Niveau erfolgte und dass bei Unternehmensdiensten nochmals deutliche Zuwächse erzielt wurden. Für die zweite Jahreshälfte lassen die Indikatoren ein Anhalten der Schwäche erwarten: Die Auftragseingänge in der Industrie liegen inzwischen gut 10%unter dem Höchststand vom November 2007, und die Erwartungen der Unternehmen haben sich in einem Maß verschlechtert, das in den vergangenen 30 Jahren nur vor Rezessionen zu beobachten war. Allerdings sind die Auftragsbestände immer noch hoch und der Arbeitsmarkt robust. Beides spricht gegen einen allzu tiefen Einbruch. Gleichwohl erwarten wir, dass die Produktion im zweiten Halbjahr 2008 rückläufig sein wird. Im Durchschnitt dieses Jahres wird das reale BIP voraussichtlich um 1,7%zunehmen, dies ist aber ausschließlich dem hohen Überhang und der außerordentlich kräftigen Expansion im ersten Quartal zu danken. Die privaten Konsumausgaben werden dabei wohl leicht sinken. Vor allem aber werden die Ausrüstungsinvestitionen unserer Einschätzung nach spürbar zurückgehen. Im kommenden Jahr dürfte die Expansion zwar wieder Fahrt aufnehmen, im Jahresdurchschnitt dürfte das BIP aber nur um 0,7% wachsen. Aufgrund der sich allmählich bessernden weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der zunehmenden preislichen Wettbewerbsfähigkeit dürfte die Belebung von den Exporten ausgehen. Da die Teuerung aller Voraussicht nach nachlässt – wir erwarten eine Inflationsrate von 2,3%nach 3,0% in diesem Jahr –, werden die privaten Konsumausgaben wohl wieder leichtzunehmen. Mit einer steigenden Kapazitätsauslastung dürfte auch der Rückgang beiden Ausrüstungsinvestitionen allmählich überwunden werden. Der Arbeitsmarkt ist ein Nachläufer der Konjunktur. Wir rechnen allerdings damit, dass er aufgrund der inzwischen höheren Flexibilität diesmal rascher reagiert und die Beschäftigung ab der Jahreswende ab- und die Arbeitslosigkeit zunimmt. Auch aufgrund demographischer Faktoren erwarten wir eine vergleichsweise geringe Verschlechterung am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote dürfte im Jahresdurchschnitt2009 mit 7,4% sogar leicht unter der in diesem Jahr (7,5%) liegen, aber nur aufgrund des niedrigen Ausgangsniveaus am Jahresanfang. Trotz der Produktionsabschwächung und einer in diesem Jahr expansiver ausgerichteten Finanzpolitik erwarten wir für 2008 und 2009 einen annähernd ausgeglichenen Staatshaushalt. Zwar werden die öffentlichen Ausgaben voraussichtlich rascher zunehmen als zuletzt, jedoch dürften auch die Einnahmen verstärkt steigen, vor allem weil die Bruttolöhne und -gehälter deutlich zunehmen und die Steuerprogression wirkt. Die Ursachen der prognostizierten Abschwächung liegen unserer Einschätzung nach im weltwirtschaftlichen Umfeld. Eine wesentliche Rolle spielt die Verteuerung von Energieträgern und Nahrungsmitteln am Weltmarkt, die wesentlich auf die erhöhte Nachfrage in den Schwellenländern zurückzuführen ist. Damit ändern sich die relativen Preise zu Ungunsten Deutschlands, was einem Einkommenstransfer an die Rohstoffe exportierenden Länder gleichkommt. Ein Konjunkturprogramm, das Folgendieser Preisänderungen auszugleichen versucht, hätte eine ähnliche Wirkung wie eine Subventionierung der verteuerten Güter und wäre mittel- bis langfristig eher schädlich. Für sinnvoller halten wir eine Wirtschaftpolitik, die die Wachstumskräfte stärkt.

Döhrn, R., G. Barabas, H. Gebhardt, T. Kitlinski, S. Vosen and T. Zimmermann (2008), Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Konjunktur im Abschwung. RWI Konjunkturberichte, 59, 2, 125-170

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