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RWI Konjunkturberichte

2007

Roland Döhrn, György Barabas, Heinz Gebhardt, Günter Schäfer, Torsten Schmidt, Hans-Karl Starke, Tobias Zimmermann

Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Belastungen für den Aufschwung nehmen zu

In Deutschland setzte sich im ersten Halbjahr 2007 der Aufschwung fort, wenn auch verlangsamt. Getragen wurde er vor allem von den Ausrüstungsinvestitionen. Die Bauinvestitionen und die privaten Konsumausgaben hingegen wurden durch die Mehrwertsteuererhöhung zu Jahresbeginn beeinträchtigt. Die Außenwirtschaft lieferte unverändert einen hohen Beitrag zum Wachstum. Der Aufschwung scheint um die Jahreswende 2006/07 einen vorläufigen Höhepunkt erreicht zu haben. Jedenfalls verschlechtern sich die Werte in den Konjunkturumfragen seitdem. Jedoch lagen alle Indikatoren noch weit über dem langfristigen Durchschnitt. Zur Jahresmitte 2007 standen also die Zeichen für eine Fortsetzung der kräftigen Expansion gut. Aber nun haben sich die Aussichten hierzulande aufgrund der Hypothekenkrise in den USA eingetrübt. Unsere Prognose beruht auf der Annahme, dass die Probleme beherrscht werden können, d.h., dass es zu keiner Rezession in den USA kommen und die Hypotheken- sich nicht zu einer Finanzkrise verschärfen wird. Unter dieser Voraussetzung werden zwar die Weltwirtschaft etwas schwächer expandieren und sich die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen verschlechtern. In Deutschland dürfte dies die Konjunktur aber lediglich dämpfen, jedoch keinen Abschwung auslösen. Für 2007 prognostizieren wir deshalb einen Anstieg des BIP um 2,5%, für 2008 um 2,3%. Die Jahresdurchschnittsraten sind allerdings wesentlich von Überhängen und Kalendereffekten beeinflusst und unterzeichnen die Verlangsamung der Expansion. Der Zuwachs des saison- und arbeitstäglich bereinigten BIP im jeweiligen Schlussquartal liegt unserer Einschätzung nach 2007 bei 2,2% und 2008 bei 1,6%; 2006 hatte er noch 3,9% betragen. Insbesondere bei den Investitionen ist 2008 ein langsamerer Anstieg zu erwarten. Dabei spielt neben den höheren Finanzierungskosten eine Rolle, dass dann ungünstigere Abschreibungsregeln gelten – mit entsprechenden Vorzuzieheffekten. Kräftiger als bisher dürften die privaten Konsumausgaben steigen, da die realen verfügbaren Einkommen wohl rascher zunehmen; dämpfend wirkt jedoch voraussichtlich die Teuerung. Zunehmende Arbeitskosten und deutlich höhere Weltmarktpreise für viele Agrargüter dürften auf die Verbraucherpreise (1,9% 2007 bzw. 2,0% 2008) durchschlagen. Bei alledem erwarten wir, dass sich die Besserung am Arbeitsmarkt fortsetzt. Die Finanzpolitik dürfte 2008 expansiv ausgerichtet sein. Die Reform der Unternehmensbesteuerung führt zu Einnahmeausfällen, während die Staatsausgaben nach den Haushaltsplänen verstärkt zunehmen sollen. Wir erwarten eine um 0,4%-Punkte höhere „strukturelle“ Defizitquote. Gleichwohl dürfte aufgrund konjunkturbedingter Mehreinnahmen in diesem Jahr ein leichter Überschuss im Staatshaushalt erzielt werden, der 2008 auf 10 Mrd. Euro steigen könnte. Die Prognose ist mit großen Risiken behaftet. Sollte es in den USA zu einer Rezession kommen oder der Bankensektor in eine Krise geraten, wäre mit beträchtlichen negativen Folgen für die Konjunktur weltweit und in Deutschland zu rechnen. Ob dies eintritt, hängt wesentlich von der Geldpolitik ab. Diese befindet sich in einem Konflikt: Einerseits muss sie stabilisierend auf die Finanzmärkte einwirken, was für sich genommen einen expansiveren Kurs erfordert, andererseits bestehen weiter Inflationsgefahren, wohl auch, weil in der Vergangenheit – ebenfalls in Reaktion auf diverse Krisen – die Liquidität kräftig ausgeweitet wurde.

Döhrn, R., G. Barabas, H. Gebhardt, G. Schäfer, T. Schmidt, H. Starke and T. Zimmermann (2007), Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Belastungen für den Aufschwung nehmen zu. RWI Konjunkturberichte, 58, 2, 113-163

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