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RWI Konjunkturberichte

2006

Roland Döhrn, György Barabas, Heinz Gebhardt, Antoine-Richard Milton, Günter Schäfer, Torsten Schmidt, Hans-Karl Starke, Ullrich Taureg

Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Aufschwung kräftigt sich

Der Konjunkturaufschwung in Deutschland setzte sich im Verlauf des Jahres 2005 fort. Er wird nicht mehr allein von der Außenwirtschaft getragen, sondern zunehmend auch von den Investitionen. Die Bauinvestitionen haben zuletzt erstmals seit 1999 zugelegt. Rückläufig blieb allerdings der private Konsum. Bei der Beschäftigung sind Besserungstendenzen erkennbar, so dass die Chancen nicht schlecht stehen, dass die verfügbaren Einkommen künftig etwas stärker zunehmen. Die Bundesregierung verzichtet 2006 auf eine forcierte Konsolidierung und verabschiedete Maßnahmen, mit denen sie die Wachstumsdynamik verstärken will. Für das kommende Jahr ist eine Anhebung der Mehrwert- und der Versicherungsteuer um3%-Punkte geplant, womit der Konsolidierungskurs verschärft würde. Zugleich sollen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 2%-Punkte sinken. Unter diesen Voraussetzungen prognostizieren wir ein Wachstum des BIP von 1,8% in diesem, aber nur von 1,3% im kommenden Jahr (Tabelle 1). Die Zunahme läge jeweils über dem Trendwachstum, das wir auf gut 1% schätzen. Wesentliche Impulse erhält die Expansion voraussichtlich weiter vom Export. Einen gleich hohen Wachstumsbeitrag dürften die Investitionen liefern. Eine Belebung der privaten Konsumausgaben halten wir für wenig wahrscheinlich. 2006 dürfte er etwas höher ausfallen, weil Käufe wegen der bevorstehenden Steuererhöhung vorgezogen werden. Für 2007 prognostizieren wir einen neuerlichen Rückgang, da weitere Steuervergünstigungen abgebaut werden sollen und die Inflation wegen der Mehrwertsteuererhöhung voraussichtlich ansteigt. Wir erwarten dann eine Teuerungsrate von 2,3% nach 1,7% in diesem Jahr. Bei der Zahl der Erwerbstätigen prognostizieren wir für 2006 eine Zunahme um160 000, für 2007 um 140 000. Der Stellenaufbau dürfte vor allem bei sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten stattfinden, während wir bei Mini- und Ein-Euro-Jobs keine nennenswerten Zuwächse erwarten. Die Arbeitslosenquote dürfte auf 10,6%2006 bzw. 10,4% 2007 sinken. Der Fehlbetrag der öffentlichen Haushalte wird sich im Prognosezeitraum spürbarvermindern. Aufgrund der besseren Konjunktur halten wir es für möglich, dass er die Defizitgrenze des Vertrags von Maastricht bereits in diesem Jahr leicht unterschreitet. Im kommenden Jahr dürfte die Defizitquote wegen der Steuererhöhungen deutlich, auf 2,0%, sinken. Die Finanzpolitik hat für 2007 einen verschärften Konsolidierungskurs angekündigt. Nach unserer Einschätzung geht sie dabei aber einen falschen Weg. Eine Konsolidierung hätte vor allem auf der Ausgabenseite ansetzen müssen, die Regierung erhöht stattdessen die Steuern. Angesichts der erwarteten deutlichen Konjunkturbelebung hätte sie in diesem Jahr bei der Konsolidierung mutiger voranschreiten sollen. Die Steuererhöhung im kommenden Jahr sollte sie überdenken, zumindest aber auf ein Maß beschränken, bei dem die Abgabenbelastung insgesamt nicht steigt.

Döhrn, R., G. Barabas, H. Gebhardt, A. Milton, G. Schäfer, T. Schmidt, H. Starke and U. Taureg (2006), Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Aufschwung kräftigt sich. RWI Konjunkturberichte, 57, 1, 25-71

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