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RWI Konjunkturberichte

2008

Roland Döhrn, György Barabas, Heinz Gebhardt, Torge Middendorf, Günter Schäfer, Tobias Zimmermann

Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Konjunktur im Zwischentief

Die Konjunktur in Deutschland hat sich gegen Ende 2007 abgekühlt. Darin zeigen sich allerdings noch keine Bremswirkungen aus dem internationalen Umfeld, sondern die privaten Konsumausgaben gingen überraschend zurück. Hingegen haben die Unternehmen ihre Investitionen sogar verstärkt ausgeweitet, wohl auch, um die noch günstigeren Abschreibungsbedingungen zu nutzen. Bei alledem wurden bis zuletzt in beträchtlichem Maße Arbeitsplätze geschaffen. Hierdurch nahmen auch die Arbeitnehmereinkommen wieder deutlicher zu. Gedämpft wurde die Kaufkraft durch die anziehende Teuerung. Im November 2007 erreichte sie mit 3,3% den höchsten Wert seit 1993. Seitdem hat sie sich nur wenig, auf 2,8% im Februar dieses Jahres, verringert. Die im Januar noch hohe Industrieproduktion sowie Unternehmensbefragungen deuten darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft gut in das Jahr 2008 gestartet ist. Allerdings dürften im Jahresverlauf die kräftige Aufwertung des Euro, der fortgesetzte Anstieg der Rohstoffpreise und der Weltmarktpreise für Industrierohstoffe und Nahrungsmittel sowie die ungünstigeren Finanzierungsbedingungen der Unternehmen an Wirkung gewinnen. Daher erwarten wir, dass die Expansion des BIP an Tempo verlieren wird. Insbesondere dürfte sich die Zunahme der Ausfuhren verlangsamen. Auch die Investitionen werden 2008 wahrscheinlich schwächer als im abgelaufenen Jahr ausgeweitet werden – wegen der ungünstigeren Finanzierungsbedingungen, aber auch weil wohl Investitionen in das Jahr 2007 vorgezogen worden waren. Die Einkommen der privaten Haushalte dürften in diesem Jahr etwas rascher zunehmen, da die Beschäftigung ausgehend von hohem Niveau nochmals leicht wächst und die Lohnsteigerungen deutlich höher ausfallen dürften als 2007. Hinzu kommt, dass wohl auch die Transfers stärker aufgestockt werden. Allerdings dürften die gestiegenen Nahrungsmittel- und Energiepreise noch eine Zeit lang den Anstieg der Realeinkommen dämpfen. Wir erwarten, dass die privaten Konsumausgaben im Gegensatz zum Vorjahr wieder – wenn auch verhalten – ausgeweitet werden. Alles in allem prognostizieren wir für 2008 eine Zunahme des realen BIP um 1,7%; arbeitstäglich bereinigt entspricht dies 1,4% nach 2,6% im vergangenen Jahr. Für 2009 unterstellen wir eine Normalisierung der Lage an den Finanzmärkten und ein Abklingen der Hypothekenkrise in den USA. Durch die dann wieder lebhaftere Auslandsnachfrage dürfte sich der Aufschwung wieder verstärken. Zudem dürfte die Unternehmensteuerreform positiv auf die Investitionen wirken. Da die Expansion aber erst allmählich an Fahrt gewinnt, dürfte das BIP im Jahresdurchschnitt um 1,8% und damit nur wenig stärker als in diesem Jahr zunehmen. Die Teuerung wird wohl, sofern die von uns unterstellte Beruhigung an den Rohstoffmärkten eintritt, im Verlauf des Prognosezeitraums nachlassen. Wir prognostizieren eine Inflationsrate von 2,5% in diesem und 2,0% im kommenden Jahr. Die Lage am Arbeitsmarkt wird sich voraussichtlich weiter verbessern. Die Arbeitslosenquote dürfte – allerdings auch begünstigt durch demographische Faktoren – auf 7,7% im Durchschnitt dieses Jahres und auf 6,8% im Jahr 2009 sinken. Neben den Risiken im weltwirtschaftlichen Umfeld stellt die hohe Teuerung eine besondere Herausforderung dar, da die Gefahr des Entstehens eine Preis-Lohn-Spirale größer geworden ist. Jedoch befindet sich die Geldpolitik in dem Dilemma, einerseits auf die Verunsicherung der Finanzmärkte und die konjunkturellen Risiken angemessen zu reagieren, andererseits die Preisniveaustabilität zu sichern.

Döhrn, R., G. Barabas, H. Gebhardt, T. Middendorf, G. Schäfer und T. Zimmermann (2008), Die wirtschaftliche Entwicklung im Inland: Konjunktur im Zwischentief. RWI Konjunkturberichte, 59, 1, 31-82

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