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Christen in der Gesellschaft

2008

Fakten, Trends und wirtschaftliche Konsequenzen des demographischen Wandels

Eine mittelhochdeutsche Geschichte aus dem 13. Jahrhundert erzählt von einem alten Mann, der – von seinem Sohn unbeachtet – verarmt. Als dessen kleiner Sohn für seinen frierenden geliebten Opa eine Wolldecke erbittet, bekommt er von seinem Vater die Hälfte einer schlechten Decke. Der Enkel öffnet seinem Vater Augen und Herz durch den Wunsch, selbst die andere Hälfte zu bekommen, um sie später noch einmal bereit zu haben, wenn er, sein Vater, alt und schwach geworden, sie benötige. Die kleine Erzählung endet damit, dass der Junge sagen kann: “Vater, seit ich nun gesehen habe, wie Ihr meinen Großvater behandelt (…) und ihn mit Liebe und Ehre umgeben habt, weiß ich, wie ich Euch in Eurem Alter ehren soll.” Die Verschränkung der Generationen wird in dieser Geschichte deutlich. Oswald von Nell-Breuning, der Nestor der christlichen Sozialethik, hat immer wieder darauf hingewiesen, wie grundsätzlich das Verhältnis dreier Generationen ist: die eine erwerbstätige muss die nachwachsende und die alt gewordene finanzieren. Das deutsche Sozialversicherungssystem könne nicht halten, weil nur eine Seite dieser schlichten Wahrheit mit der Rentenkasse geregelt worden sei, eine deutliche Kritik an der Tatsache, dass das Rentenneuregelungsgesetz 1957 in wesentlichen Punkten von den Vorlagen des so genannten Schreiber-Planes abwich. Wilfried Schreiber konzipierte in seinem Modell die Kinder- und Jugendrente gleichrangig neben der Altersrente. Auch wehrte sich Oswald von Nell-Breuning gegen den Begriff Generationenvertrag: “Generationen schließen keine Verträge, Generationen stehen zueinander in Solidarität!” Wenn zusätzlich zu diesem Konstruktionsfehler die Zahl alter Menschen zunimmt, die Rentenversicherung und die Pensionsrückstellungen längst nicht mehr reichen, dann stellen sich Fragen, die in alle Politik- und Gesellschaftsfelder reichen. Und obwohl bereits vor 15 Jahren das Thema in einer Kommission des Bundestages intensiv bearbeitet wurde und Wissenschaftler auf Konsequenzen aufmerksam machten, wird erst jetzt dessen Brisanz überdeutlich. Und die demographischen Fragen sind nicht allein wirtschaftlich-sozial, sondern greifen in nahezu alle Bereiche des Zusammenlebens. “Generationen. Aspekte des demographischen Wandels” war der Titel einer Forenreihe der Akademie Franz Hitze Haus im Frühjahr und Sommer 2007. Wie kaum ein anderes eignete sich das Generationenthema für eine übergreifende Behandlung durch alle Fachbereiche der Akademie. Aspekte des demographischen Wandels wurden unter Fragestellungen aus Wirtschaft, Soziologie, Literaturwissenschaft, Theologie, Medizin und Gerontologie diskutiert. Die Komplexität des Themas wurde nicht zuletzt auch durch die Einordnung einer national geführten Debatte in einen internationalen Kontext unterstrichen. An den Vortragsabenden eröffneten jeweils zwei Fachdisziplinen einen gemeinsamen Diskurs, honoriert durch einen großen Publikumszuspruch. Dieser Band fasst die überarbeiteten und ergänzten Vorträge zusammen. Herzlich gedankt sei an dieser Stelle den Autorinnen und Autoren. Mit ihren Vorträgen und der nun vorliegenden Publikation haben sie das Interesse unserer Akademie unterstützt, die auch international geführte Debatte um demographische Veränderungen und Solidarität der Generationen anzuregen und zu bereichern.

Bauer, T. and C. Schmidt (2008), Fakten, Trends und wirtschaftliche Konsequenzen des demographischen Wandels. In Thomas Sternberg and Maria Kröger (Hrsg.), Generationen: Aspekte des demografischen Wandels. Münster: Dialogverlag, 9-37.

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