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RWI Konjunkturberichte

2005

Roland Döhrn, Alena Brüstle, Torge Middendorf, Torsten Schmidt

Die wirtschaftliche Entwicklung im Ausland: Weltwirtschaft trotzt Energieverteuerung

Die Weltwirtschaft wuchs in der ersten Jahreshälfte 2005 trotz steigender Energie- und Rohstoffpreise kräftig, wenn auch nicht mehr mit dem gleichen Schwung wie im vergangenen Jahr. Dabei blieben die Unterschiede zwischen den Ländern groß: In Chinaerhöhte sich das BIP unverändert mit einer Rate von gut 9 %, in einigen Ländern des Euro-Raums hingegen sank die Wirtschaftsleistung sogar. Im Euro-Raum expandierte die Wirtschaft im ersten Halbjahr mit einer annualisierten Rate von nur 1,3 %. Kaum abgeschwächt hat sich der Zuwachs in den USA mit einer Jahresrate von knapp 3,5 %. In Japan beschleunigte sich das Wachstum auf zuletzt ähnliche Raten wie in den USA. Der Rohölpreis erreichte kurzfristig mit mehr als 70 $/b einen neuen Höchststand und vervierfachte sich damit gegenüber dem Mittelwert der neunziger Jahre. Bleibt er bis zum Jahresende auf dem derzeitigen Niveau von gut 60 $/b, müssen die OECD-Länder für ihre Ölimporte 2005 etwa 170 Mrd. $ mehr aufwenden als 2004, was einem Kaufkraftentzug von 0,6 % ihres BIP entspricht. In den Verbraucherpreisen der Industrieländer hat diese Verteuerung von Energie und Rohstoffen bisher allerdings vergleichsweise geringe Spuren hinterlassen. Dies liegt wohl vor allem daran, dass es nicht zu Zweitrundeneffekten bei den Löhnen kam. Vor diesem Hintergrund behielt die Geldpolitik dort ihren Kurs im Wesentlichen bei. Für den Prognosezeitraum erwarten wir, dass der gestiegene Rohölpreis die Expansion weltweit zwar zunehmend belastet; dennoch dürfte die Wirtschaft in den Industrieländern mit annähernd unveränderten Raten wachsen. Dabei beschleunigt sich die Expansion im Euro-Raum voraussichtlich etwas, während sie sich in den USA leicht verlangsamt. In Japan werden die Deflationstendenzen wohl überwunden. Die Schwellenländer in Asien und Lateinamerika dürften 2006 ähnlich stark wie in diesem Jahr expandieren und in den neuen EU-Ländern wird sich der Zuwachs wohl etwas erhöhen. Daraus ergibt sich, dass das Welt-Sozialprodukt in diesem und im kommenden Jahr um etwa 3 % expandiert. Für den Welthandel errechnet sich daraus erfahrungsgemäß eine Zunahme um etwa 7 % in beiden Jahren nach 11 % im Jahr 2004 (Tabelle 1). Diese Prognose setzt allerdings voraus, dass es zu keinen weiteren Preissteigerungen beim Rohöl kommt, sondern die Notierung bei 60 $/b verharrt. Zudem gehen wir davon aus, dass die bisherigen Energiepreissteigerungen keine Zweitrundeneffekte auslösen, so dass die Geldpolitik ihren Kurs nur wenig ändern wird.

Döhrn, R., A. Brüstle, T. Middendorf and T. Schmidt (2005), Die wirtschaftliche Entwicklung im Ausland: Weltwirtschaft trotzt Energieverteuerung. RWI Konjunkturberichte, 56, 1, 3-22

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