Skip to main content

RWI Konjunkturberichte

2007

Roland Döhrn, Torge Middendorf, Torsten Schmidt

Die wirtschaftliche Entwicklung im Ausland: Finanzmarktturbulenzen trüben Konjunkturerwartungen

Die Weltwirtschaft expandierte im ersten Halbjahr 2007 erneut kräftig. In den Schwellenländern Asiens und Lateinamerikas wuchs die Wirtschaft sogar rascher als im Vorjahr. In den Industrieländern hingegen verlangsamte sich die Expansion – mit deutlichen Unterschieden zwischen den Regionen. In den USA folgte auf ein ausgesprochen schwaches erstes ein recht starkes zweites Quartal. Im Euro-Raum und in Japan war die Konstellation genau umgekehrt. Seit der Jahresmitte haben sich die Konjunkturerwartungen jedoch eingetrübt. Die Krise am Immobilienmarkt in den USA hat nun die Finanzmärkte erreicht. Als Folgedavon dürften sich die privaten Haushalte in den USA wohl nicht mehr so leicht wie bisher für Konsumzwecke verschulden können. Damit fällt eine wichtige Triebfeder des dortigen Aufschwungs weg. Dämpfend dürften in den USA, aber auch in anderen Ländern, zudem höhere Zinsen wirken, da die Risikoprämien seit Ausbruch der Hypothekenkrise steigen. Die Zentralbanken konzentrierten sich bisher mit Erfolg darauf, kurzfristig Liquidität bereitzustellen, um den Bankensektor zu stabilisieren. Allerdings ist zu erwarten, dass die Geldpolitik im Prognosezeitraum zunächst weniger restriktiv ausgerichtet sein wird. Die vorliegende Prognose geht davon aus, dass es so gelingen wird, das Vertrauen in die Finanzmärkte wieder herzustellen, sodass sich die Krise am US-Hypothekenmarkt nicht verschärft. Unter dieser Voraussetzung dürfte sich der seit Jahren beobachtete Aufschwung der Weltwirtschaft fortsetzen, wenn auch langsamer als bisher. Wir prognostizieren, dass sich das Wachstum des Weltsozialprodukts (in Dollar) von 3,5% im vergangenen Jahr auf voraussichtlich 3,0% in diesem Jahr verringern wird. Im Verlauf des kommenden Jahres stehen sich nach unserer Prognose eine leichte Beschleunigung in den USA und eine Verlangsamung in Japan sowie im Euro-Raum gegenüber. Die weltwirtschaftliche Produktion dürfte daher nur wenig langsamer wachsen (2,9%) als in diesem Jahr. Für den Welthandel mit Waren lässt sich aus alledem ein Wachstum von 7,2% in diesem und von 6,5% im kommenden Jahr ableiten. Die Annahme, dass die Hypothekenkrise beherrschbar bleibt, ist freilich mit großer Unsicherheit behaftet, zumal es durchaus Indizien gibt, die auf die Möglichkeit einer Bankenkrise hinweisen. So gehen Bankenkrisen zumeist eine starke Zunahme von Krediten und eine größere Risikobereitschaft der Banken voraus, was auch diesmal zu beobachten war.

Döhrn, R., T. Middendorf and T. Schmidt (2007), Die wirtschaftliche Entwicklung im Ausland: Finanzmarktturbulenzen trüben Konjunkturerwartungen. RWI Konjunkturberichte, 58, 2, 87-111

Link to the document