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RWI Konjunkturberichte

2010

Roland Döhrn, Philipp David An de Meulen, Tobias Kitlinski, Torsten Schmidt, Simeon Vosen

Die wirtschaftliche Entwicklung im Ausland: Der erste Schwung ist vorüber

Die weltwirtschaftliche Produktion expandiert zwar schon seit fünf Quartalen, die Finanzkrise ist aber noch nicht vollständig überwunden. Die Finanzmärkte sind nach wie vor sehr volatil, und internationale Investoren bevorzugen sichere und liquide Anlagen. Zuletzt hat die Erholung weltweit nachgelassen, und zwar sowohl in den Industrie- als auch in den Schwellenländern, die bisher eine wichtige Stütze der internationalen Konjunktur waren. Insbesondere in China hat sich der Produktionsanstieg verringert, seit die Wirtschaftspolitik dort restriktiver wurde. Der internationale Warenaustausch verläuft seit Mitte vergangenen Jahres deutlich günstiger als die weltweite Produktion. Zum Teil dürfte dies darauf zurückzuführen sein, dass aufgrund der Intensivierung der internationalen Arbeitsteilung Produktionsänderungen stärker auf den Welthandel durchschlagen als früher. Allerdings war es durch die Finanzkrise wohl zeitweise auch schwierig, internationale Geschäfte zu finanzieren, wofür der außerordentlich tiefe Fall des Welthandels im vergangenen Jahr spricht. Diese Finanzierungsprobleme konnten wohl auch dank staatlicher Bürgschaften ab dem Frühjahr 2009 zumindest teilweise behoben werden. Daher dürfte die zuletzt beobachtete Erholung des Welthandels weitgehend einen Rebound-Effekt widerspiegeln, dem nun wohl eine Phase schwächerer Expansion folgt. Dämpfend wird im Prognosezeitraum voraussichtlich die Finanzpolitik wirken. In vielen Ländern hat die Staatsverschuldung während der Rezession dramatisch zugenommen, so dass es schwierig wurde, neue Titel an den Finanzmärkten zu platzieren. In zahlreichen Staaten wurden daraufhin Konsolidierungsprogramme verabschiedet. Die Geldpolitik dürfte hingegen bei weiterhin niedrigen Inflationserwartungen und immer noch unterausgelasteten Kapazitäten zumeist ihren expansiven Kurs beibehalten. Alles in allem erwarten wir eine deutlich langsamere Expansion der Weltwirtschaft als bisher. In den Industrieländern dürfte sich die Investitionstätigkeit zwar weiter beleben, die Investitionsquote aber im längerfristigen Vergleich gering bleiben. Die Konsumnachfrage wird voraussichtlich aufgrund der vielfach hohen Arbeitslosigkeit und der in manchen Ländern beträchtlichen Verschuldung der privaten Haushalte schwach bleiben. Insbesondere in den Schwellenländern dürfte sich die Konjunktur abschwächen, weil die Wirtschaftspolitik dämpft und die voraussichtlich nur langsam steigende Nachfrage in den Industriestaaten den für diese Länder nach wie vor wichtigen Außenhandelssektor belastet. Die weltwirtschaftliche Produktion dürfte (auf Dollarbasis) nach einem Anstieg um 3,3% in diesem Jahr im kommenden um 2,6% expandieren. Der reale Welthandel mit Gütern wird voraussichtlich wegen des Aufholeffekts 2010 deutlich um 15,0% zunehmen. Für 2011 erwarten wir ein Wachstum um 5,5%.

Döhrn, R., P. An de Meulen, T. Kitlinski, T. Schmidt and S. Vosen (2010), Die wirtschaftliche Entwicklung im Ausland: Der erste Schwung ist vorüber. RWI Konjunkturberichte, 61, 2, 5-36

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