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RWI Positionen #47

2011

Heinz Gebhardt, Rainer Kambeck, Florian Matz

Der NRW-Haushalt für das Jahr 2011: Scheinerfolge bei der Konsolidierung

Seit knapp einem Jahr regiert die Rot-Grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen. In der Haushalts- und Finanzpolitik war der Nachtragshaushalt 2010, den der Verfassungsgerichtshof des Landes in seinem Urteil vom 21.12.2010 als verfassungswidrig beurteilt hat, als Fehlstart zu bewerten. Am 18. Mai steht im Landtag jetzt die Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung für den Haushalt 2011 an. Bei Ausgaben in Höhe von rd. 55 Mrd. € und Einnahmen in Höhe von gut 50 Mrd. € ist eine Nettokreditaufnahme von 4,8 Mrd. € notwendig, um den Haushalt auszugleichen. Vergleicht man diesen Betrag mit der Neuverschuldung von 8,9 Mrd. €, die noch im Oktober von der Landesregierung im Nachtragshaushalt 2010 vorgesehen waren, sieht es zunächst nach einer Glanzleistung der Regierung in Sachen Haushaltskonsolidierung aus. Davon kann aber keine Rede sein, denn die Haushaltsverbesserung resultiert aus der unerwartet guten wirtschaftlichen Entwicklung und den daraus folgenden Steuermehreinnahmen. In einer konjunkturell guten Situation verlangt die neue Schuldenbremse aber mehr Ehrgeiz bei der Konsolidierung, denn im Mittelpunkt steht der Abbau des strukturellen Defizits. Der Entwurf für den Haushalt 2011 würde dieses strukturelle Defizit jedoch nicht verringern, sondern sogar vergrößern. Das im Vergleich zur ursprünglichen Planung deutliche Plus bei den Einnahmen von gut 2,2 Mrd. € setzt sich zusammen aus einem konjunkturbedingt höheren Steueraufkommen von insgesamt 1,8 Mrd. €, 150 Mill. € zusätzlichen Einnahmen durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer (ab Oktober 2011) und 300 Mill. € aus den Zahlungen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs. Die Ausgaben des Landes werden durch globale Minderausgaben (350 Mill. €), eine Sparliste (130 Mill. €) und Minderausgaben bei der Tarifsteigerung (237 Mill. €) um etwa 717 Mill. € niedriger angesetzt als noch im Februar geplant. Insgesamt ergibt sich gegenüber den ursprünglichen Planungen damit eine Haushaltsentlastung von 3 Mrd. € und eine Reduktion der geplanten Neuverschuldung von 7,8 auf 4,8 Mrd.€. Gegenüber dem Haushalts-Ist von 5 Mrd. € für 2010 fällt die Rückführung der Neuverschuldung indes sehr gering aus. Zwar ist es absolut richtig, die konjunkturbedingten „Steuermehreinnahmen“ zur Reduzierung der Neuverschuldung einzusetzen. Gleichzeitig sollte jedoch auch damit begonnen werden, das strukturelle Defizit zurückzuführen, um zum Ende des Jahrzehnts einen strukturell ausgeglichenen Landeshaushalt zu erreichen, wie es die Schuldenbremse vorschreibt. Diesen umfassenden Konsolidierungserfordernissen wurde bislang in der Haushalts- und Finanzplanung nur unzureichend Rechnung getragen. Geplant sind vielmehr unter dem Credo „vorbeugende Finanzpolitik“ deutliche Steigerungen bei den Ausgaben.